Zu Beginn der 1920er Jahre wurde in Frankfurt am Main ein beispielloses Programm zur politischen, kulturellen, architektonischen und gestalterischen Erneuerung gestartet, das unter dem Namen “Neues Frankfurt” in die Kulturgeschichte eingegangen ist. Während der Weimarer Republik entwickelte sich die Stadt zu einem Archetypen der modernen Metropole, der weit über die Grenzen Frankfurts hinaus Anerkennung erhielt. Die Bauhaus-Schule gilt heute vielen als Wiege der Moderne, aber sie war nicht der einzige Brennpunkt des neuen Designs in Deutschland und Europa. Bis in die 1920er Jahre etablierte sich Frankfurt als weltweit bekanntes Zentrum der Avantgarde, gleichwertig mit dem Bauhaus.
Die Ausstellung “Moderne in Frankfurt/M 1919-1933” belegt eindrucksvoll, dass das Neue Frankfurt nicht nur auf das bekannte Wohnungsbauprogramm des Oberbürgermeisters Ludwig Landmann und des Architekten Ernst May oder die legendäre “Frankfurter Küche” von Margarete Schütte-Lihotzky beschränkt war. Ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre umfasste die städtische Utopie einen universellen Anspruch in Mode, Innenarchitektur, Industrie-, Produkt- und Kommunikationsdesign. Die angewandten und freien Künste durchdrangen alle Lebensbereiche mit neuen Formen und Konzepten. Im Zusammenspiel mit der beschleunigten Industrialisierung und dem Ausbau städtischer Bereiche strebte das Neue Frankfurt kein geringeres Ziel an, als eine neue städtische Gesellschaft zu formen.
Entscheidende Faktoren waren die wiederbelebte Messe, das städtische Hochbauamt und die Frankfurter Kunstgewerbeschule, die unter ihrem Direktor Fritz Wichert eine große Neuorientierung durchlief und viele bekannte Protagonisten wie Adolf Meyer und Christian Dell vom Bauhaus in Weimar oder Max Beckmann und Willi Baumeister berief. Aber auch andere Verbände und Interessengruppen, die sich dem neuen Design verpflichtet fühlten, sowie eine beträchtliche Anzahl privater Unternehmer trugen zum Modernismus am Main bei.
Die Ausstellung mit über sechshundert Objekten, Skizzen und Modellen, Fotografien, Filmen und Tonaufnahmen wird ein facettenreiches Bild von Frankfurts Aufstieg zum modernen Design zeichnen, das geprägt ist von einem optimistischen Ausblick und einer weltoffenen Denkweise. Sie wird bekannte und weniger bekannte Protagonisten der Moderne in Frankfurt vorstellen, Besucher mit den kreativen Netzwerken vertraut machen und die Verbindungen zum Bauhaus aufzeigen. Und sie wird die Erkenntnis vermitteln, dass, wenn das Bauhaus die Akademie der Moderne war, das Neue Frankfurt seine Werkstatt war.
Die ausgestellten Werke umfassen Arbeiten von Architekten, Designern und Künstlern wie Philipp Albinus, Nadine Auth, Willi Baumeister, Ella Bergmann-Michel, Ilse Bing, Max Bittrof, und vielen anderen. Die Ausstellung wurde mit Unterstützung von verschiedenen Stiftungen und Ministerien sowie dem Kulturdezernat der Stadt Frankfurt durchgeführt. Der Katalog zur Ausstellung wurde mit Unterstützung der Speyer’schen Hochschulstiftung erstellt.