“Cultural Marxism” ist ein Begriff, der von rechtsgerichteten Menschen favorisiert wird, die argumentieren, dass die Geisteswissenschaften hoffnungslos den Kontakt mit dem gewöhnlichen Australien verloren haben. Die Kritik lautet, dass radikale Stimmen die Geisteswissenschaften für sich beansprucht haben und freie Meinungsäußerung an den Universitäten unterdrücken. Der Begriff wurde in den letzten zehn Jahren weit verbreitet verwendet und war am bekanntesten in der berüchtigten Rede des ehemaligen Senators Fraser Anning im Jahr 2018, in der er “kulturelles Marxismus” als “nicht nur eine schnippische Bemerkung, sondern eine buchstäbliche Wahrheit” verurteilte.
Der Ursprung des Begriffs “kultureller Marxismus” liegt weit zurück in der Vergangenheit. Der Begriff tauchte erstmals 1992 in einem Essay des Schriftstellers Michael Minnicino auf und wurde um die Jahrtausendwende von einflussreichen amerikanischen Konservativen übernommen. Der Begriff hat inzwischen weltweite Verbreitung gefunden und ist sogar in den rechtfertigenden Schriften des norwegischen Terroristen Anders Brevik aufgetaucht. Konservative in Australien wie Nick Cater, Chris Uhlmann, Mark Latham und Malcolm Roberts haben ebenfalls diesen Begriff übernommen.
Der Begriff “kultureller Marxismus” wird vor allem in Zusammenhang mit Antonio Gramsci und den Theoretikern der Frankfurter Schule gebracht. Kritiker argumentieren, dass dieser Begriff die “politische Korrektheit” geprägt habe, die Minderheitenanliegen fördert und öffentliche Debatten zu Themen wie Umwelt, Geschlecht und Einwanderung reglementiert. In quantitativen Untersuchungen mithilfe der akademischen Datenbank JStor wurde festgestellt, dass die tatsächliche Veröffentlichung von Artikeln zu kulturellem Marxismus vergleichsweise gering ist, während post-strukturalistische Denker wie Jacques Derrida, Michel Foucault, Judith Butler und Deleuze heute präsenter sind.
Die letzten vier Jahrzehnte haben einen relativen Rückgang des marxistischen Denkens in der Akademie erlebt und wurden von post-strukturalistischen Denkern geprägt. Diese Denker stehen der primären Rolle der Wirtschaft in der Marxistischen Theorie genauso kritisch gegenüber wie liberalen oder konservativen Ideen. Quantitative Forschungsergebnisse zeigen, dass der Begriff “kultureller Marxismus” eher ein “post-faktuelles Dogwhistle” ist und intellektuelle Verwirrung vorgibt, als tatsächliches Verständnis zu bieten. Ein Geist des Marxismus hat den Kalten Krieg überdauert und spukt nun in den Kulturkriegen herum.