Die politische Landschaft der Europäischen Union wurde durch eine vier Tage dauernde Wahl erschüttert, bei der die Rechtsparteien in Frankreich und Deutschland die regierenden Parteien ins Wanken brachten. Dies wird es dem Europäischen Parlament in den nächsten fünf Jahren erschweren, Entscheidungen zu treffen. In Frankreich rief Präsident Emmanuel Macron nach einem demütigenden Ergebnis seiner Partei in den Wahlen Neuwahlen aus, während in Deutschland die Alternative für Deutschland massive Zugewinne verzeichnete, obwohl sie in Skandale verwickelt war.
In Italien gewann die Partei von Ministerpräsident Giorgia Meloni, die Wurzeln im Neofaschismus hat, mehr als 28% der Stimmen für die EU-Versammlung und könnte somit eine Schlüsselrolle bei der Bildung zukünftiger Allianzen spielen. Grüne und pro-business liberale Gruppen in ganz Europa erlitten schwere Niederlagen, während die Mainstream-Formationen trotzdem standhielten. Die Europäische Volkspartei blieb die größte Fraktion im EU-Parlament.
In Frankreich werden die Wähler in nur drei Wochen erneut an die Wahlurnen gerufen, nachdem Macron das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen hat. Der Sieg von Marine Le Pens nationalistischer Partei war eine Überraschung und könnte dazu führen, dass Macron mit einer rechtsextremen Regierung zusammenarbeiten muss. In Deutschland konnten die Sozialdemokraten von Scholz trotz Skandalen keine Erfolge erzielen, während die Alternative für Deutschland zweitstärkste Kraft wurde. Die Europäische Volkspartei wird mit 191 Sitzen größte Gruppierung im EU-Parlament bleiben.
Die Umweltschützer der Grünen mussten herbe Verluste hinnehmen und könnten rund 20 Sitze im EU-Parlament verlieren, da Bauernproteste gegen neue Klimagesetze ihre Chancen geschmälert haben. Die liberalen Parteien in Europa werden voraussichtlich ebenfalls rund 20 Sitze abgeben, was sie zu den größten Verlierern dieser Wahl macht. Während führende Parteifunktionäre am Montag über mögliche Allianzen beraten, wird die Entscheidungsfindung und Gesetzgebung zu Themen wie dem Klimawandel und Agrarsubventionen verlangsamt. EU-Präsidenten und Ministerpräsidenten werden sich am 17. Juni treffen, um die Ergebnisse zu bewerten und über die Rückkehr von Ursula von der Leyen an die Spitze der Europäischen Kommission zu beraten.