Die Städte Deutschlands haben in den letzten Wochen Ausbrüche von aufgestautem Zorn und Gewalt erlebt. Zuerst Stuttgart, dann Frankfurt. Bei beiden Gelegenheiten waren die Polizei das Ziel eines Ausbruchs von Aggressionen von vorwiegend jungen Männern. Schaufenster wurden zerstört, Geschäfte geplündert. Müllcontainer wurden über die Straßen geworfen. Videomaterial aus Frankfurt zeigt Zuschauer, die Männer anfeuern, die Polizisten mit Flaschen bewerfen. Die Gewalt hat eine heftige Debatte in Deutschland ausgelöst, mit vielen Fragen, ob restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie die Aggressionen angestachelt haben.
Das Coronavirus kann wie ein Brandbeschleuniger wirken, sagt der Politikwissenschaftler Stefan Luft. Aber er lehnt die Idee ab, dass die Pandemie die Hauptursache für die Gewalt sei. Laut dem Kriminologen Dirk Baier führt COVID-19 zwar zu einer hohen Frustration, aber es steckt mehr dahinter. Alkohol fließt, die Spannungen nehmen zu. Konflikte brechen aus. Die Polizei greift ein. Die Situation eskaliert, und es beginnt außer Kontrolle zu geraten. Wenn genug junge Männer mit einer Gewalttätigen Vergangenheit zusammenkommen, können die Dinge explodieren. Die Polizei in Frankfurt berichtet, dass die meisten der 39 Verhafteten bereits im Zusammenhang mit Straftaten wie Diebstahl oder Drogenhandel bekannt waren.
In Stuttgart und Frankfurt waren viele der Randalierer Mitglieder von Migrantengemeinschaften. Die Frage nach dem direkten Zusammenhang zwischen Migration und Gewalt wird häufig und laut von der populistischen AfD-Partei gestellt. Luft glaubt, dass Integrationsprobleme eine Erklärung für die Gewaltausbrüche unter jungen Männern in Stuttgart und Frankfurt sind. Laut Kriminologe Dirk Beier geht es nicht unbedingt um den Migrationshintergrund, sondern eher um den biografischen Kontext, der als Belastung angesehen wird. Auch in Frankreich gibt es ähnliche soziale Bedingungen, die zu Gewaltausbrüchen in den Vororten führen. Es gibt Parallelen: Hass gegenüber der Polizei und soziale Spannungen. Dennoch können die Parallelen mit Frankreich nicht überzeugend sein, da Deutschland eine stabilere Gesellschaft hat und Explosionen von Gewalt in benachteiligten Stadtteilen vermieden werden müssen.
