Vorsitzender der Italienischen Verlegervereinigung verteidigt umstrittene Teilnahme Italiens an der Frankfurter Buchmesse
Italiens Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse: Ein kontroverses Thema unter den Literaten
Die 76. Frankfurter Buchmesse hat in den letzten Tagen viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, insbesondere wegen Italiens erstem Gastlandauftritt seit 1988. Als Präsident der Italienischen Verlegervereinigung (AIE) verteidigt Innocenzo Cipolletta die Teilnahme, trotz der hitzigen Kontroversen, die die Veranstaltung umgeben.
Ein historischer Moment für Italien
Italien feiert eine bedeutende Rückkehr auf die internationale Bühne der Literatur. Mit einer repräsentativen Delegation, die unter anderem von Minister für Kultur Alessandro Giuli angeführt wird, strahlt das Land in einem hellen Licht. Allerdings hat die Anwesenheit von Politikern aus der Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni und das Fehlen einiger bedeutender literarischer Stimmen Fragen zur politischen Ausrichtung des Auftritts aufgeworfen.
Abwesende Stimmen: Roberto Saviano im Fokus
Eine der größten Kontroversen betrifft das Fehlen des berühmten Autors Roberto Saviano, bekannt für seine kritischen Schriften über die italienische Mafia. Saviano hat mehrfach scharfe Kritik an der Meloni-Regierung geübt und war daher ein erwartetes, wenn auch umstrittenes, Gesicht auf der Messe. Während Cipolletta erklärt, dass Saviano ursprünglich aufgrund von Verlagsvorschlägen nicht im Programm war, bleibt die öffentliche Wahrnehmung, dass die Abwesenheit des Autors eine politische Botschaft ist.
Saviano selbst sieht seine Teilnahme als Teil eines Widerstands gegen die Umstände, in denen er sich befindet. Seine Stimme, eine der unbequemsten in der italienischen Literatur, wird oft unterdrückt, was wider den Beteuerungen der AIE spricht, dass auf der Messe keine Zensur stattfindet.
Ein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit
Cipolletta betont, dass die Autoren auf der Buchmesse die Freiheit haben, ihre Meinungen zu äußern. „Alle Meinungen sind erlaubt und werden gefördert,“ sagt er. Doch die Realität, dass einige Stimmen – wie Saviano – ausgeklammert wurden, wirft einen Schatten auf diese Behauptung.
Darüber hinaus haben andere italienische Schriftsteller Bedenken geäußert, dass das Programm der Buchmesse eine politische Voreingenommenheit zugunsten der Meloni-Regierung zeigt. Paolo Giordano, bekannt für seinen Roman „Die Einsamkeit der Primzahlen“, beschreibt die gegenwärtige Lage der Meinungsfreiheit in Italien als alarmierend. Diese Ängste werden durch die Erfahrungen von Autoren wie Antonio Scurati verstärkt, die von staatlicher Zensur berichten.
Ein Blick in die Zukunft
Trotz der Kontroversen sieht Cipolletta einen neuen Höhepunkt im italienischen Buchmarkt. Die Verkaufszahlen haben post-pandemisch einen Aufschwung erlebt, und italienische Literatur findet zunehmend Anerkennung im Ausland. Mit mehr als 90 Autoren, darunter namhafte Künstler wie Alessandro Baricco und Paolo Cognetti, präsentiert sich Italien stark auf der Frankfurter Buchmesse.
Das Motto des diesjährigen Gastlandauftritts, „Wurzeln in der Zukunft“, spiegelt den Wunsch wider, die reiche literarische Tradition Italiens in die moderne Welt zu übertragen. Cipolletta betont, dass neue Stimmen aus Italien, die die Geschichten der heutigen Gesellschaft erzählen, verstärkt in den Buchhandlungen erscheinen.
Fazit
Italiens Präsenz auf der Frankfurter Buchmesse ist mehr als nur eine kulturelle Darbietung; sie ist ein komplexes Zusammenspiel von Politik und Literatur. Während die AIE bestrebt ist, eine Plattform für alle Stimmen zu bieten, bleibt die Frage der wirklichen Meinungsfreiheit in Italien und die Relevanz der abwesenden Stimmen wie Savianos im Raum stehen. Die Buchmesse bleibt somit nicht nur ein Ort des Austausches, sondern auch ein Spiegel der gesellschaftlichen und politischen Spannungen, die die italienische Literatur aktuell prägen.