Kunst als politische Waffe? – 03/22/2018

Kunst als politische Waffe? – 03/22/2018

Männer in weißen Hemden sitzen um einen Konferenztisch. Ihre Köpfe und Oberkörper sind über ihre Knie gebeugt, ihre Hände ruhen schlaff auf dem Boden. Das wandgroße Gemälde von Adelita Husni-Bey hängt am Eingang zur neuen Ausstellung in der Schirn-Galerie. Mit ihrem Werk “The Sleepers” kritisiert die in New York ansässige Künstlerin das Handeln von Weltführern. In einem anderen Stück hat der belgische Künstler Guillaume Bijl Wahlkabinen aus Finnland, Aserbaidschan, Österreich, Japan, Marokko und China rekonstruiert und regt damit dazu an, über die Bedeutung von Wahlen in einer “postdemokratischen” Welt nachzudenken.

Von Anti-Trump-Demonstrationen über die Occupy-Bewegung bis hin zur #MeToo-Debatte: Die neuesten Protestbewegungen finden sicherlich ihren Weg in die Kunst. “Wir erleben eine Rückkehr der Kunst ins Politische”, so Philipp Demandt, der Direktor der Schirn-Galerie. In solch turbulenten Zeiten ist die Kunst wieder zu einem kulturellen Barometer geworden. Die Ausstellung besteht aus 43 Werken aus Ländern auf der ganzen Welt, wobei Kuratorin Martina Weinhart mit Installationen, Fotografien, Zeichnungen, Gemälden und Videos versucht, politische Kunst zu bilanzieren.

Werke wie die ironische Arbeit des türkischen Künstlers Ahmet Ögüt, der zwei Polizeischilde in Saloontüren umgewandelt hat, oder die fotografische Arbeit seines in London ansässigen Landsmannes Osman Bozkurt, der in einem großformatigen Foto zehn mit lila Tinte beschmierte Finger darstellt, sind Teil der Ausstellung. Das Video-Projekt des documenta-14-Künstlers Hiwa K, “This Lemon Tastes of Apple”, zeigt hektische Szenen von einer Demonstration im Irak, bei der die Teilnehmer Zitronen gegen Tränengas einsetzten.

Besucher der Galerie können sich von politischer Propaganda begrüßt fühlen. Ist Kunst überhaupt ein geeignetes politisches Instrument in diesen Tagen? Kann sie dazu beitragen, eine grausame Welt zu bekämpfen? Welche Bedeutung hat ihr Einsatz für die Qualität der Kunst? Solche Fragen werden auch von der Frankfurter Ausstellung aufgeworfen, wie auch von vielen anderen in letzter Zeit. Kunst mit politischer Botschaft ist definitiv gefragt, aber kann sie die Welt tatsächlich zum Besseren verändern?

Die Ausstellung “Power to the People” ist bis zum 27. Mai in der Schirn Galerie in Frankfurt zu sehen. Von Wolfgang Tillmans, der sich gegen den Brexit und den drohenden Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union engagiert hat, bis zum Berliner Zentrum für Politische Schönheit, das sich seit Jahren auf das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer konzentriert, ist politische Kunst populär. Isländischer Künstler Olafur Eliasson eröffnete sogar im vergangenen Mai in Venedig eine Lampenwerkstatt, um “Licht” auf die Flüchtlingskrise zu werfen. Art mit politischer Botschaft hat zweifellos einen hohen Stellenwert, aber kann sie die Welt zum Besseren verändern?

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