Plastik ist überall, von Sneakers über Zahnprothesen bis hin zu Computern. Es kann sich an seine Umgebung anpassen und unsichtbar werden. Bereits in den 1960er Jahren erlebte das nahezu verrottungsfeste Material einen Boom in der Kunstszene, inspiriert von avantgardistischen Bewegungen in Paris Jahrzehnte zuvor. Die ersten Skulpturen aus Kunststoff wurden bereits 1916 von dem russischen Bildhauer Naum Gabo geschaffen. Unterschiedliche Kunststoffe bieten unterschiedliche Möglichkeiten für Künstler, von Transparenz bis zu strukturierten Mustern, die in verschiedenen Kunstformen und -bewegungen, einschließlich des Pop Art, eingesetzt werden.
Die Grenzen zwischen Kunst und Mode verschwimmen, wie am Beispiel von Künstlern wie Thomas Bayrle, der mit einem Mode-Studio zusammengearbeitet hat, um Plastikmäntel zu entwerfen, die dann in Kaufhof-Filialen verkauft wurden. Kritik an Plastik als Symbol des Konsums und der Wegwerfgesellschaft kam von Künstlern des französischen Nouveau Realisme, die Kunstwerke schufen, die Plastik als kritischen Punkt darstellten. Einige Künstler kritisierten Plastik als Überfluss und Müll, während andere es enthusiastisch in ihren Werken einbezogen, wie Claes Oldenburg mit seinen überdimensionierten weichen Skulpturen.
Lynda Benglis aus den USA expandierte die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur, indem sie mit Latex und Pigmenten “malte”. Ihre organisch geformten “Pools” aus Kunststoff wirken fast lebendig. Die Ausstellung “Plastic World” in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt zeigt die Vielfalt der künstlerischen Darstellungen von Plastik, von der Euphorie der Popkultur bis zu zeitgenössischen ökologischen Werken, die die Ambivalenz des Materials hervorheben. Plastik ist Fluch und Segen, unzerstörbar wie das Konzept der Kunst selbst.