Modernism in Frankfurt 1919–1933: Das Neue Frankfurt | Die Stärke der Architektur

Modernism in Frankfurt 1919–1933: Das Neue Frankfurt | Die Stärke der Architektur

Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Frankfurt zu einem Archetyp der modernen Metropole, der über die Stadtgrenzen hinaus Interesse weckte. Viele betrachten das Bauhaus als die Wiege der Moderne im 20. Jahrhundert. Doch diese berühmte Kunst- und Designschule war nicht der einzige Hotspot innovativen Designs in Deutschland und Europa. Bis Ende der 1920er Jahre hatte sich Frankfurt am Main als weltberühmtes Zentrum der Avantgarde neben dem Bauhaus etabliert. Die Ausstellung Modernismus in Frankfurt 1919–1933 zeigt, dass das Neues Frankfurt weit mehr war als nur das von Ernst May initiierte Wohnungsprogramm und die beliebte Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky. Mit über 500 Objekten und Designs, Fotos und Reproduktionen, Zeichnungen, Gemälden, Filmen und Tondokumenten erzählt das Museum Angewandte Kunst hier auf 1.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche die Geschichte des Neuen Frankfurt in beispielloser Breite und Tiefe. Acht thematisch orientierte Abschnitte bieten ein vielschichtiges Bild eines neuen Anfangs im modernen Design, geprägt von optimistischem Blick und kosmopolitischem Denken. Es werden bekannte und weniger bekannte Protagonisten des Modernismus in Frankfurt vorgestellt, Besucher mit den kreativen Netzwerken der Mainmetropole vertraut gemacht und Verbindungen zum Bauhaus aufgezeigt. Und es wird klar, dass, wenn das Bauhaus die Akademie des Modernismus war, Neues Frankfurt seine Werkstatt war.

Die Grundlagen des Neuen FrankfurtIm ersten Abschnitt der Ausstellung können sich Besucher mit der Situation vertraut machen, die in Frankfurt nach dem Ersten Weltkrieg herrschte. Ludwig Landmann, Leiter des Wirtschaftsförderungsamts ab 1916 und Stadtverordneter ab 1924, arbeitete an der Idee eines neuen internationalen Messezentrums, und er prägte später den Begriff Neues Frankfurt. Die Wiedereröffnung der Messe Frankfurt 1919 war somit ein entscheidender Faktor auf dem Weg der Stadt in die Moderne. Weitere wichtige historische Eckpfeiler waren die Gründung des Werkbund Hauses und die Aktivitäten der Ausstellungsproduzentin Lilly Reich.

Experimente und ForschungenDas Neue Frankfurt war auch mit weitreichenden Veränderungen in der Kunst und der Etablierung verschiedener neuer Medien verbunden, allen voran Film und Ton. Der Abschnitt “Experimente und Forschungen” stellt alle wichtigen Akteure vor, die wichtige Jahre in Frankfurt verbrachten und mit ihren genreübergreifenden Experimenten zu Pionieren auf den Gebieten der neuen Medien und der Musik wurden.

Lehre und LernenEin weiterer Teilnehmer an den Bemühungen, die Gesellschaft ästhetisch und sozial umzugestalten, war die Frankfurter Kunsthochschule – eine Verschmelzung der Kunstgewerbeschule und der Städelschule -, die Fritz Wichert ab 1924 als Lehreinrichtung nach dem Vorbild des Weimarer Bauhauses entwickelte. Diese Kunstschule umfasste einen zweisemestrigen Einführungskurs, zehn spezialisierte Klassen und die jeweiligen Werkstätten. Sie unterschied sich vom Bauhaus dadurch, dass sie von Anfang an Architektur auf dem Lehrplan hatte. Die freien und angewandten Künste sollten gleichrangig sein. Adolf Meyer, Josef Hartwig, Karl Peter Röhl und Christian Dell kamen vom Weimarer Bauhaus nach Frankfurt und arbeiteten am modernen Lehrkonzept.

StadtgestaltungDie Protagonisten des Modernismus in Frankfurt initiierten nicht nur Innovationen im Wohnungsbau, sondern auch bei der Planung von Grünflächen und der Gestaltung des öffentlichen Raums. Die Stadt sollte mit einem System sorgfältig gestalteter wiederkehrender Elemente strukturiert und vereint werden. Die in diesem Zusammenhang entwickelten Lösungen – von Ernst Mays großräumiger Raumplanung über Max Brommes Grünflächen bis hin zu Leberecht Migges wiederverwertbaren Substanzkreisläufen, Margarete Schütte-Lihotzkys Gartenhäusern und Adolf Meyers Brunnen – spiegeln eindeutig die demokratischen und solidarischen Ideen hinter den Entwürfen wider.

Die Ausstellung endet mit einem Epilog, der ausgewählte Objekte und eine weitere multimediale Installation präsentiert. Eine Bibliothek von 360°-Panoramen der noch bestehenden Frankfurter Küchen zeigt, was vermutlich die berühmteste Erfindung des Neuen Frankfurt im Kontext ihrer heutigen Umgebung ist: private Wohnungen, Büros und Museen.

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