Weltbühne für Proteste – 16.10.2024

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“Frankfurt Book Fair: 75 Years of Bridging Cultures and Courtroom Controversies”

Die Frankfurter Buchmesse: Eine 75-jährige Geschichte der Bücher und Diplomatie

Die Frankfurter Buchmesse, die 1949 in ihrer modernen Form ins Leben gerufen wurde, kann auf eine lange und bedeutende Geschichte zurückblicken. Bereits 1462 fanden erste Buchmessen in Frankfurt statt, doch was wir heute als "Frankfurter Buchmesse" kennen, entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem globalen Dreh- und Angelpunkt der Buchwelt. Eine ihrer herausragendsten Errungenschaften in den 75 Jahren ihres Bestehens war die Schaffung von Brücken durch "Buchdiplomatie", auch wenn diese Bemühungen nicht immer unumstritten waren.

‘Die Illusion einer vereinten Welt’

Mitte des 20. Jahrhunderts, während des Kalten Krieges, gelang es der Buchmesse 1955, Länder des Ostblocks wie die Sowjetunion, Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei und Jugoslawien anzuziehen. Auch die DDR nahm mit einem Stand unter dem Titel "Bücher aus dem innerdeutschen Handel" teil. Diese Bemühungen, die Ost und West an einem Ort zu vereinen, verliehen der Messe den Ruf, "die Illusion einer vereinten Welt" zu schaffen, wie die Frankfurter Rundschau 1957 berichtete.

Der politische Einfluss der Messe zeigte sich jedoch erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 richtig. Der tschechische Dissident Vaclav Havel, der den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, durfte die Veranstaltung zunächst nicht besuchen. Doch später im selben Jahr wurde er Präsident der Tschechoslowakei.

Auseinandersetzungen mit der extremen Rechten

Die Buchmesse war auch Schauplatz interner Konflikte innerhalb der deutschen Verlagszene. Bereits in den Anfangsjahren wurde der Ausschluss von rechtsextremen Verlegern gefordert. Doch die Veranstalter beschlossen, dass Verleger, solange sie nicht gegen das Gesetz verstießen, nicht von der Teilnahme ausgeschlossen werden sollten, um Zensur zu vermeiden und die Meinungsfreiheit zu fördern. Im Laufe der Jahre führten jedoch Proteste gegen rechtsextreme Verleger immer wieder zu Spannungen, wie im Jahr 2017, als die Polizei einschreiten musste, um eine Lesung des AfD-Politikers Björn Höcke zu schützen.

Eine Plattform für internationale Anliegen

Seit 1966 dient die Frankfurter Buchmesse auch als Bühne für Proteste gegen internationale politische Missstände. Demonstrationen gegen die Militärdiktatur in Griechenland 1967 und Proteste gegen den Schah von Iran 1971 verdeutlichten den Einfluss der Messe auf weltweite Demokratiebewegungen. Die Kontroversen nahmen 1989 erneut Fahrt auf, als Iran aufgrund einer Morddrohung gegen Salman Rushdie von der Messe ausgeschlossen wurde.

Kontroversen um Ehrengastländer

Die Einführung des Konzepts des „Ehrengastlandes“ im Jahr 1988 sorgt bis heute für Debatten. Italien, das 2024 wieder im Fokus steht, sorgt derzeit für Aufregung, da der kritische Autor Roberto Saviano nicht in die offizielle Delegation aufgenommen wurde. Chinas Teilnahme im Jahr 2009 führte ebenfalls zu Spannungen, als auf Druck Pekings chinesische Dissidenten von einem Symposium ausgeschlossen wurden.

Im Laufe der Jahre hat die Frankfurter Buchmesse nicht nur die Welt der Literatur geprägt, sondern auch globale politische und soziale Debatten angestoßen. Sie bleibt ein wesentlicher Akteur im Kampf für Freiheit und Demokratie. Die nächste Messe findet vom 16. bis 20. Oktober 2024 statt, und verspricht, erneut zum Schauplatz bedeutender literarischer und politischer Ereignisse zu werden.

Dieser Beitrag wurde aktualisiert, um die jüngste Kontroverse um Roberto Saviano zu berücksichtigen.

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